Elternfragen
Eltern stellen sich viele Fragen. Mein Mann und ich haben uns die folgende gestellt: Wie kann man für die eigenen Kinder gute Entscheidungen in Fragen der Gesunderhaltung bzw. Behandlung im Krankheitsfalle treffen?
Wie es zu der Frage kam und welche Antwort wir gefunden haben, möchte ich hier kurz berichten.
Es war an einem Wochenende. Unser Sohn war damals circa zehn Monate alt. Er war appetitlos, fieberte und trank weniger als sonst. Offenbar ein Infekt. Wir entschieden, doch lieber im Krankenhaus vorstellig zu werden. Bis Montag wollten wir nicht warten. Es wurde eine Mittelohrentzündung diagnostiziert. Die Ärztin schrieb uns Antibiotika auf und erklärte, wie es einzunehmen war.
Antibiotika! Bei so einem kleinen Wesen? Musste das wirklich sein? Wohl war uns damit nicht.
Ich recherchierte. Dabei fand ich heraus, dass bei einer Mittelohrentzündung mit der Einnahme von Antibiotika durchaus zwei bis drei Tage abgewartet und der Verlauf beobachtet werden kann. Seine Wirkung entfaltete es ohnehin nur bei einer bakteriellen Entzündung. Die Sache war klar. Wir gaben vorerst nichts und beschlossen, direkt am Montag mit unserem Sohn zum Kinderarzt zu fahren um den Verlauf kontrollieren zu lassen und das weitere Vorgehen zu besprechen.
Womit wir nicht gerechnet haben: Dort erwartete uns eine Standpauke, die sich gewaschen hatte. Für unsere Entscheidung, zunächst abzuwarten, wurden wir vom Kinderarzt streng und lautstark gerügt. Zu einem vernünftigen Austausch kam es leider nicht. Irritiert und mit dem Appell, unverzüglich mit der Verabreichung zu beginnen, verließen wir die Praxis.
Verunsicherung. Sollten wir entgegen zweier ärztlicher Empfehlungen handeln? Auf eigene Faust trauten wir uns das nicht. Einschätzen konnten wir es auch nicht. Das „Gespräch“ mit dem Kinderarzt brachte ja keinen weiteren Erkenntnisgewinn. Trotzdem wollten wir auch eine sinnlose Medikamentengabe vermeiden. Der Kinderarzt hatte sich gerade als medizinischer Begleiter für diesen und für künftige Fälle disqualifiziert. Bei aller medizinischer Kompetenz – es ist vermessen, Behandlungen überzustülpen zu wollen und dies dann auch noch ohne weitere Erklärung.
Ich kam auf die Idee, es bei meiner Hausärztin zu versuchen. Eine emphatische und besonnene Person. Ich fuhr mit unserem Sohn zu ihr. Es erfolgte die obligatorische Untersuchung, danach ein Gespräch. Sie beruhigte mich. Aus ihrer Sicht war unsere Entscheidung richtig. Die Mittelohrentzündung klang bereits ab.
Das Gefühl, einer – nennen wir es mal ärztlichen Instanz – ohne weitere Erklärung folgen zu müssen weil man sonst keine Rückendeckung hat, wollten wir auf jeden Fall künftig vermeiden. Deshalb begann ich, mich in das Thema Kindergesundheit und Kinderkrankheiten einzulesen. Auch das Thema des Impfens gewann meine Aufmerksamkeit. Nach der Lektüre einiger Bücher wurde mir klar, dass es unterschiedliche Sichtweisen und Behandlungsansätze gab. Ich las viele interessante Dinge, die ich vorher so nicht eingeschätzt und wahrgenommen habe oder die mir völlig unbekannt waren. Das veranlasste mich aufmerksamer zu werden, mehr zu hinterfragen und den Blick offener zu halten. Man kann sagen, dass sich meine Sichtweise verschob. Unsicherheit wich zugunsten von mehr Orientierung und Sicherheit. Meinen Mann halte ich zwischendurch auf dem Laufenden, manchmal schauen wir uns auch gemeinsam Dinge an.
Unsere Grundlage für gute Entscheidungen haben wir gefunden. Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema. Daran führt nichts vorbei. Dazu einen Behandler, dessen Konzept und Herangehensweise für einen selbst stimmig ist und einen offenen Austausch. Entscheidungen, die aus einer gewissen Sicherheit heraus getroffen werden, sind besser als Entscheidungen, die aus Unsicherheit oder Angst getroffen werden. Ich weiß nicht, ob es immer eine oder mehrere Alternativen zu einer bestimmten Behandlung gibt, aber sicherlich gibt es sie oft. Was der beste Weg für uns und unsere Kinder ist, können wir nur selbst, im Bedarfsfall auch mit weiterer passender Unterstützung, herausfinden.
Ich blättere immer mal wieder in meinen Büchern, auch wenn eines der Kinder krank ist. Glücklicherweise war bisher äußerst selten weitere Unterstützung von Nöten. Wenn ich mir unsicher bin und der Situation nicht gerecht werden kann, würde ich aber immer das Kind vorstellen und medizinischen Rat einholen. Allerdings nur dort, wo eben alles passt, wo wir gehört werden und uns gut aufgehoben fühlen.